Bonaventura

Bonaventura
Bonaventura,
 
1) Ordensname des italienischen Franziskanertheologen, Philosophen und Kirchenlehrers Johannes Fidạnza, * Bagnoregio (bei Orvieto) 1217 (1221 ?), ✝ Lyon 15. 7. 1274 während des dortigen Zweiten Konzils; seit 1243 (1244 ?) Franziskaner. Bonaventura studierte an der Universität Paris Theologie als bedeutendster Schüler des Alexander von Hales und lehrte Theologie ebenda. 1257 wurde Bonaventura General seines Ordens, dessen Verfassung und Organisation er vollendete (er legte die Generalstatuten fest, Generalkapitel Narbonne 1260; verfasste zwei Franziskusviten und erklärte sie für maßgeblich); 1273 Kardinalbischof von Albano. - 1482 heilig gesprochen, 1588 zum Kirchenlehrer erklärt (Ehrentitel: »Doctor seraphicus«); Tag: 14. 7.
 
Bonaventura war neben Thomas von Aquino der führende Theologe der Hochscholastik. Er hat die ältere Franziskanerschule zur höchsten Blüte gebracht. Einerseits geschah dies durch Ausgleich von Differenzen innerhalb des Ordens, andererseits durch Verteidigung der Mendikanten im Rahmen des Streites an der Universität Paris, in dem die Weltgeistlichen (die Professoren) die Mendikanten der Häresie beschuldigten und ihnen den Anspruch auf Lehrstühle an der Universität (vergeblich) verweigern wollten. Außerdem übernahm er in der Auseinandersetzung um Joachim von Fiore und dessen radikal eschatologische Ausrichtung innerhalb des Ordens das Generalat. Bonaventuras Denken orientierte sich mehr an Platon und Augustinus; dem Aristotelismus stand er zurückhaltend gegenüber. Des Aristoteles Lehre sei die der Wissenschaft, nicht die der Weisheit; diese bezog Bonaventura auf Christus, das ewige Wort Gottes, als dessen Inkarnation er die Vielfalt allen Seins in einer nach Seinsebenen gestuften Ordnung begriff. Bonaventuras Spekulation erwuchs aus der Tiefe mystischer Frömmigkeit. Die ganze Welt sah er als Bild und Gleichnis Gottes an (Exemplarismus). Auf verschiedenen Stufen: über Schatten (lateinisch umbra), Spuren (lateinisch vestigia), Bilder (lateinisch imagines) könne sich das Denken zu den Ideen im Geist Gottes erheben. Bonaventura beeinflusste u. a. Meister Eckhart, H. Seuse, die »devotio moderna«, J. Gerson und Franz von Sales.
 
Ausgaben: Opera omnia, 10 Bände (1882-1902); Alleingespräch über die vier geistlichen Übungen (Soliloquium de quatuor mentalibus exercitiis), herausgegeben von J. Hosse (1958; lateinisch und deutsch); Pilgerbuch der Seele zu Gott (Itinerarium mentis in Deum). Die Zurückführung der Künste auf die Theologie (De reductione artium ad theologiam), herausgegeben von J. Kaup (1961; lateinisch und deutsch); Das Sechstagewerk (Collationes in hexaemeron), herausgegeben von W. Nyssen (1964; lateinisch und deutsch).
 
 
J. Ratzinger: Die Geschichtstheologie des hl. B. (1959);
 E. H. Cousins: Coincidence of opposites. The theology of St. B. (Chicago 1978);
 K.-H. Hoefs: Erfahrung Gottes bei B. Unterss. zum Begriff »Erfahrung« in seinem Bezug zum Göttlichen (1989).
 
 2) Pseudonym des unbekannten Verfassers des romantischen Romans »Nachtwachen. Von Bonaventura« (1804), der eine bis zum Nihilismus sich steigernde, bittere Lebenskritik ausdrückt; über den Autor gibt es nur Vermutungen: der Roman wurde K. F. G. Wetzel, J. C. Wezel oder Adolf Wolfgang Gerle (* 1783, ✝ 1846) zugeschrieben, nach neueren Erkenntnissen E. A. Klingemann.
 
 
J. Schillemeit: B., Der Verfasser der »Nachtwachen« (1973);
 W. Pfannkuche: Idealismus u. Nihilismus in den »Nachtwachen« (1983);
 A. Mielke: Zeitgenosse B. (1984);
 H. Fleig: Literar. Vampirismus (1985).
 

Universal-Lexikon. 2012.

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